Katja Seedorf - Oktober 2019

Katja, Tierpflegerin im Zoo am Meer in Bremerhaven

 

Was ist das Besondere an deinem Beruf?

Das Besondere an meinem Beruf ist, dass ich mit besonderen Tieren arbeiten darf.

 

Du arbeitest ja schon seit 1986 als Tierpflegerin im Zoo am Meer. Wie hat sich deine Arbeit in den letzten Jahren verändert?

 

Mein Beruf hat sich extrem verändert. Früher ging es eher um die reine Pflege der Tiere inkl. Reinigungsarbeiten. Heutzutage haben wir viel mehr Aufgaben dazubekommen, wie zum Beispiel Besuchergespräche, Pressearbeit, Filmaufnahmen, kommentierte Fütterungen, Beschäftigung der Tiere, Wartung technischer Anlagen, Dokumentationen unserer Arbeit, Arten- und Naturschutz und die Ausbildung der Auszubildenden, Verbesserung der artgerechten Haltung, Nachzucht bedrohter Arten.

 

Was gefällt dir am besten an deiner Arbeit?

Die besonderen Momente mit den Tieren. Wenn ein Tier zum Beispiel so viel Vertrauen zu mir aufbaut, dass es gerne Kontakt mit mir aufnimmt. Das ist immer ein besonderer Moment, auch nach all den Jahren.

 

Für welche Tierarten bist du hauptsächlich verantwortlich?

Ich betreue Schneehasen, die Schneeeule, Sibirische Eichhörnchen, Sumpfschildkröten, Mäuse, Hühner, Kaninchen und bin zuständig für den Einkauf sämtlicher Futterlieferungen (Obst, Gemüse, Trockenfutter, Fleisch) und deren Verarbeitung sowie den Einkauf der Gebrauchsgüter im Zoo.

 

Hast du ein Lieblingstier?

Eigentlich mag ich alle Tiere. Eine besondere Beziehung habe ich zu meiner Schneeeule Luis, da ich ihn mit der Hand aufgezogen habe. Ansonsten empfinde ich besonders Eisbären als sehr faszinierende Tiere.

 

Gibt es eine Tierart, die es in Bremerhaven nicht gibt, die du dir wünschen würdest?

Wenn der Platz vorhanden wäre, hätte ich gerne Wölfe und Greifvögel und Luchse.

 

Wie erlebst du es, wenn ein Tier, um das du dich eventuell jahrelang gekümmert hast, den Zoo verlässt?

Zu unserem ersten Eisbärbaby Lale hatten wir alle eine besondere Beziehung, weil sie das erste Eisbärbaby seit 40 Jahren im Zoo war. Wir haben ihre Geburt über den Bildschirm miterlebt und ihre ersten tapsigen Schritte, als sie das erste Mal aus der Wurfbox kam. Als sie den Zoo verlassen musste, nach 2 Jahren, war ich schon sehr traurig, obwohl ich wusste, dass es sein muss.

 

Gibt es auch eine Zeit, wo du dir wünschst, du hättest etwas anderes gelernt?

Nein, für mich ist mein Beruf auch eine Berufung. Allerdings würde ich mir mehr Wertschätzung unseres Berufes wünschen. Mich ärgert es, dass es noch Betriebe gibt, in denen Kollegen für Mindestlohn arbeiten.

 

Was ist der Hauptteil deiner Arbeit?

Reinigungsarbeiten / Misten und das Heranschaffen von Futter und Gebrauchsgütern.

 

Was ist für dich die größte Herausforderung in deinem Beruf als Tierpflegerin?

Die körperliche Belastung ist an manchen Tagen schon extrem.

 

Wenn du auf Reisen in fremden Ländern bist und dort Zoos besuchst, wie siehst du sie im Vergleich zu deutschen Zoos?

Das ist ganz unterschiedlich. In einigen anderen Ländern gibt es meist nicht so eine Ausbildung zum Zootierpfleger wie bei uns, andere Hygienestandards und kleinere Gehege. In anderen dann wieder ganz tolle Zoos und sehr engagierte Mitarbeiter. Oder es gibt keine Zoos, sondern eben Nationalparks.

 

In vielen Berufen sind die Besucher/Gäste manchmal etwas nervend oder störend. Wie ist das bei dir als Tierpflegerin?

Es gibt auch hier wie überall unterschiedliche Gäste, die ihren Müll überall hinwerfen, laut herumschreien, die Tiere ärgern oder füttern oder unerlaubt auf den Abgrenzungen herumtoben. Die überwiegende Mehrheit unserer Besucher ist sehr nett, wissbegierig und freut sich, wenn sie uns Tierpfleger/innen sehen. Wir haben auch viele Stammgäste, die uns regelmäßig besuchen.

 

Hast du vor irgendwelchen Tieren bei euch im Zoo Angst?

Angst nicht, aber gesunden Respekt. Natürlich würde ich niemals auf die Eisbärenanlage, Pumaanlage oder ins Schimpansengehege gehen, wenn die Tiere auf der Anlage sind.

 

Wurdest du schon bei der Arbeit verletzt?

Ja, ich bin schon mehrfach gebissen worden vom Eichhörnchen, Marder, Waschbär, Schneehase – ja tatsächlich *lach*. Sowas passiert meistens bei Fangaktionen, die aber manchmal sein müssen, um die Tiere zu behandeln. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir aber, dass mir bei Reinigungsarbeiten im damaligen Uhu-Gehege das Uhu-Männchen auf den Kopf geflogen ist und seine Krallen sehr starke Risswunden auf dem Kopf hinterlassen haben. Es blutete sehr stark und ich musste damit zum Krankenhaus, um es nähen zu lassen. Meiner Liebe zu Greifvögeln tat das aber keinen Abbruch.

 

Was würdest du dir wünschen für die Zukunft im Zoo?

Dass ich bis zu meiner Rente fit bleibe und meinen Beruf ausführen kann.

 

 

Dieses zweite Interview wurde etwa sechs Monate nach dem ersten Gespräch geführt (April 2020), während der Corona-Pandemie. Es beleuchtet, welche Auswirkungen die damalige Situation auf Katjas Arbeit und den Zoo hatte.

 

Erst einmal das Wichtigste, geht es dir, deiner Familie und den Kollegen gut?

Ja, danke, mir, meiner Familie und auch den Kollegen/innen geht es sehr gut.

 

Verhalten sich die Tiere jetzt ohne Besucher anders als sonst?

Ja, man hat schon das Gefühl, dass einige Tiere die Besucher sehr vermissen. Sie kommen zum Beispiel erwartungsvoll an die Scheibe, wenn wir Tierpfleger/innen vorbeilaufen. So nach dem Motto „Endlich mal Action!“.

 

Bemerken die Tiere überhaupt, dass die Besucher fehlen?

Ja, das denke ich schon. Es gibt ja auch Stammbesucher, die täglich vorbeischauen und „ihre Tiere“ begrüßen. Einige Tierarten, wie zum Beispiel die Robben, interagieren ja auch mit den Besuchern. Spielen mit ihnen unter und über Wasser.

 

Gibt es Tiere, denen die Besucher besonders fehlen?

Den Robben, glaube ich, am meisten.

 

Gibt es einen Plan, wie im Fall einer Infektion unter den Mitarbeitern die Tiere weiter versorgt werden können?

Wir arbeiten in 2 verschiedenen Teams. 7 Tage arbeiten, 7 Tage frei in Bereitschaft. So dass jedes Team das andere im Notfall ersetzen kann.

 

Hat sich an deiner Arbeit durch die Schließung wegen Corona etwas geändert?

Ja, wenn Besucher da sind, sollten die Tieranlagen bis 9 Uhr weitgehend fertig sein und natürlich möglichst keine Schläuche oder Gerätschaften den Besucherweg versperren. Dieser Zeitdruck fällt jetzt weg. Bei meinen Futterbestellungen muss ich jetzt größere Mengen bestellen, da wir zurzeit keine Ausschussware vom Supermarkt abholen, mich auf die geänderten Geschäftszeiten der Lieferanten einstellen und Lieferengpässe mit einberechnen. Es muss immer gewährleistet sein, dass Futter und Einstreu für die Tiere in ausreichenden Mengen vorhanden sind.

 

Mal eine allgemeine Frage, kannst du sagen, was mit den Tieren passiert, wenn ein Zoo oder Tierpark die Schließung nicht überstehen sollte?

Nein, diese Frage stelle ich mir nicht.

 

Habt ihr Ideen, wie die finanziellen Ausfälle des Zoos ausgeglichen werden können?

Das gehört nicht zu meinem Aufgabengebiet.

 

Was können Besucher und Fans des Zoos/Tierparks tun, um zu helfen?

Spenden, Patenschaften, Gutscheine kaufen.

 

Der Zoo Köln hat veröffentlicht, wie hoch die täglichen Kosten des Zoos in etwa sind. Kannst und möchtest du uns etwas zu eurer Situation sagen?

Auch das gehört nicht zu meinem Aufgabengebiet.

 

Wie viel Futter benötigen die Tiere pro Tag?

Das ist sehr unterschiedlich. Es hängt von mehreren Faktoren ab: Jahreszeit, Paarungszeiten, Wetter, Jungtieraufzucht usw. Pauschal kann man das nicht beantworten.

 

Gibt es in der aktuellen Situation eigentlich die Möglichkeit für den Zoo/Tierpark, an etwas zu sparen?

Beim Futtereinkauf und den Verbrauchsgütern versuche ich immer regional und bei den Händlern meines Vertrauens einzukaufen, alles andere liegt nicht in meinem Aufgabengebiet.

 

Wie fühlt es sich an, mitten am Tag, bei sonnigem Wetter durch einen leeren Zoo/Tierpark zu laufen?

Es ist ein Gefühl, welches man eigentlich sonst nur ganz früh morgens oder auf der letzten Runde hat. Ein bisschen genießen wir aber auch die Ruhe mit unseren Tieren. Aber so mehrere Tage hintereinander, das habe ich noch nie erlebt.

 

Gibt es bei Futterlieferungen vielleicht irgendwelche Engpässe, weil Lieferanten schließen mussten oder ihnen das Personal fehlt?

Bisher kam das nicht vor.

 

Wie können sich die Besucher über den Zoo/Tierpark und die Tiere auf dem Laufenden halten?

Über die Homepage, Facebook und Instagram.

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